Zum Projektablauf
Dieses Projekt entstand im Rahmen des Universitätslehrgangs Library and Information Studies MSc an der Österreichischen Nationalbibliothek. Als Projektauftraggeber fungierte das Österreichische Theatermuseum, das den größten Bestand an Theaterzetteln Wiener Spielstätten beherbergt. Für die historische Forschung sind Theaterzettel von unschätzbarem Wert. Sie beinhalten wertvolle Informationen das theatralische Ereignis betreffend wie beispielsweise Stücktitel, Bearbeitung, Besetzung oder wer den Vorhang gestaltete oder sich für die verwendeten Maschinen auszeichnete. Was sie aber darüber hinaus noch so einzigartig und damit erhaltenswert macht, ist die Tatsache, dass auf einem Zettel oft zusätzliche sonst nirgends ersichtliche Angaben wie gesponserte Vorstellungen, Benefizveranstaltungen, Erkrankungen etc. zu finden sind. Aufgrund unterschiedlicher Faktoren sind die sich im Österreichischen Theatermuseum befindlichen Theaterzettel teilweise in keinem guten Zustand. Einerseits hat dies sicher mit dem Alter der Einblattdrucke zu tun, andererseits ist dafür auch die stetige Benützung verantwortlich. Die Papierqualität (zB.: Säuregrad, Zusammensetzung der Inhaltsstoffe) ist ebenfalls für den Erhaltungszustand der Theaterzettel von Bedeutung. Überlegungen zur Erhaltung und gleichzeitigen Nutzbarkeit wurden somit unabdingbar.
Aufgrund all dieser genannten Punkte erschien es sinnvoll, eine Digitalisierung der Theaterzettel anzustreben, wobei hier neben des Aspekts der Erhaltung auch die wissenschaftliche Seite mit einbezogen wurde. Optionen optimierter Recherchemöglichkeiten in Digitalisaten sollten ebenfalls geprüft werden.
Im Folgenden nun ein Überblick über die einzelnen Projektschritte bzw. über verschiedene Aspekte, die es bei der Projektdurchführung mit zu reflektieren galt.
Forschung
Da der Theaterzettel für die Wissenschaft von großer Bedeutung ist, gilt es diese Perspektive immer mit zu denken. Seine theaterhistorische Bedeutung wurde bereits hervorgehoben. Manchmal ist er der einzige (noch erhaltene) Hinweis auf ein theatrales Ereignis und kann so benutzt werden, um historische Spielpläne zu rekonstruieren. Darüber hinaus kann der Zettel aber auch Zeugnis für verschiedene politische Entwicklungen (z.B.: Revolution, Besetzung) sein.
Bestandserhebung
Am Beginn des Projektes war es zunächst nötig, sich einen groben Überblick über den vorhandenen Bestand zu verschaffen. Bezüglich des Bestandes ist hier vorauszuschicken, dass er auf zwei Standorte bzw. Abteilungen innerhalb des Museums aufgesplittet ist und dementsprechend auch unterschiedlich gelagert wird.
Etwa 50 Laufmeter Zettel befinden sich in gebundener Form im Büchermagazin der Bibliothek aufgestellt und der andere größere Teil liegt in Loseblattform im Programmarchiv vor. Insgesamt ist der Bestand sowohl überlappend als auch ergänzend. Die von der Bibliothek verwaltete Theaterzettelsammlung ist lückenloser als der vergleichbare Bestand des Programmarchivs. Dafür weist letzterer eine weitaus größere Vielfalt an Spielstätten und theatralen Formen (z.B.: Zirkus, Feuerwerk) auf.
Um den Rahmen des Projektumfangs (100 Tage) nicht zu sprengen, war es nötig einen Schwerpunkt zu setzen. So erfolgte die Erhebung der Theaterzettel nur in der Bibliothek des Österreichischen Theatermuseums und beschränkte sich hier auf das 19. Jahrhundert. Aus demselben Grund konnten nur folgende Aspekte bei der Erhebung berücksichtigt werden: das Vorhandensein oder Fehlen eines Theaterzettels (unter Berücksichtigung der eruierten Norma- und Schließtage) bzw. der allgemeine Zustand des gebundenen Theaterzettelbandes und darüber hinaus gehende Scanhinweise. Die Ergebnisse der Bestanderhebung stehen als Datenbank zur Verfügung, um einen raschen Zugriff auf die Informationen zu ermöglichen.
Datenbank: Wiener Theaterzettel des 19. Jahrhunderts
Für eine geplante Digitalisierung muss neben den Laufmetern – für unsere Auswahl handelt es sich um 15 Lm – auch die ungefähre Anzahl an zu scannenden Seiten berechnet werden. Für den Theaterzettelbestand des 19. Jahrhunderts wurde von 10.000 Seiten pro Laufmeter ausgegangen.
Recherche und Analyse von Best Practice-Beispielen
Im Vorfeld der Digitalisierungsplanung erschien es wichtig, andere Vergleichsprojekte zu recherchieren, um mögliche Realisierungsvarianten kennenzulernen. Insgesamt wurden Modellbeispiele von vier europäischen Institutionen ausgewählt, die ähnliche Digitalisierungsprojekte von Theaterzetteln oder vergleichbaren Materialien umsetzen beziehungsweise eine Umsetzung planen:
Würzburger Theaterzettel
Don Juan Archiv Wien – Historischer Spielplan von Wiener Theaterstätten
Theaterzettel an der Serbischen Nationalbibliothek
Rotterdam Theater Playbills
Testscans & Überlegungen zum Digitalisierungsworkflow
Im Rahmen des Projektes wurde anhand von fünf Theaterzettelbänden des Theaters an der Wien (1827-1831) aus dem Bestand der Bibliothek des Österreichischen Theatermuseums, der Digitalisierungsworkflow getestet. Es wurden Scaneinstellungen, Scanzeiten und Speicherbedarf dokumentiert, um eine Berechnungsgrundlage für eine Digitalisierung in größerem Umfang zu erhalten und etwaige Probleme bereits im Vorfeld zu erkennen. Die Abteilung “Digitale Services” der Österreichischen Nationalbibliothek stellte uns hierfür sämtliche Infrastruktur zur Verfügung und die MitarbeiterInnen standen uns mit fachlicher Unterstützung zur Seite. Die Digitalisate sind über das Digitalisierungsportal “Anno” abrufbar, ebenso wie 30.000 Theaterzettel der Wiener Hofoper und des Burgtheaters aus dem 19. Jahrhundert.
Literaturrecherche
Zur Anreicherung unseres Fachwissens wurden Literatur- und Linkrecherchen betrieben, die ebenfalls als Ergebnisse auf dieser Projektwebsite zur Verfügung gestellt werden, um damit eine rasche Zugriffsmöglichkeit auf einschlägige Informationen bieten zu können.