Historische Quelle

Der Theaterzettel als historische Quelle

Theaterzettel können auch als historische Quelle betrachtet werden. Bei  Todesfällen im Hause Habsburg blieben die Hoftheater geschlossen. Bei ganz besonders bedeutenden Familienmitgliedern konnten sich daraus einzelne Schließtage, die sogenannten “Normatage” entwickeln. So blieb auch noch 50 Jahre nach dem Tod des Kaisers Franz I. dessen Todestag spielfrei.

Auch politische Unruhen konnten ein Anlass sein, die Theater zu schließen. Dies geschah besonders oft während des Revolutionsjahres 1848.

Revolution 1848 (Quelle: ÖTM/Bibliothek)

Am 6. Oktober sollte im Hofburgtheater das Stück Helene gegeben werden. Die Errichtung der Barrikade am Michaelerplatz machte eine Aufführung jedoch unmöglich. So ist der Theaterzettel dieses Tages durchgestrichen und am unteren Rand wird lapidar erwähnt: „Revolution“.

Eindrucksvoll spiegeln sich auch die Ereignisse des Jahres 1809 in den Theaterzetteln wieder:
Wien wurde damals im Mai von den Truppen Napoleons belagert und die Theater blieben für einige Tage geschlossen. In der Nacht vom 11. auf den 12. Mai nahmen die Franzosen die Stadt unter Artilleriebeschuss, wodurch 20 Menschen den Tod fanden. Am Tag darauf ergab sich Wien den Belagerern.
Nur zwei Tage später wurde der Betrieb der Theater wieder aufgenommen, und die Theaterzettel zeigen deutlich die veränderte Situation:

Die Französische Besetzung durch napoleonische Truppen spiegelt sich auch im Theaterspielplan wieder: Aufführung von Phädra / Phedre am 20. Mai 1809 im Theater nächst dem Kärthnerthore (Quelle: ÖTM/Bibliothek)

Da das Hofburgtheater, nun umbenannt in  “Théatre de la Cour, place st. Michel“, von da an oft französischen Ensembles diente, offenbar um die Besatzer zu unterhalten,  mussten sich in der Folgezeit die beiden Hofensemble (HofschauspielerInnen und HofoperistInnen) das Kärntnertortheater teilen und abwechselnd bespielen. Sämtliche Theaterzettel wiesen auch Übersetzungen der Stücktitel und Beginnzeiten  auf und gelegentlich findet sich sogar eine Inhaltsangabe in französischer Sprache.
Auch die in Frankreich verbreitete Praxis, die Eintrittspreise gleich auf den Theaterzetteln anzugeben, wurde eingeführt.
Nach Beendigung der Besatzung waren all diese „Innovationen“ von einem Tag auf den anderen wieder verschwunden.

Die Erstellung eines Spielplanes für die Wiener Theater ist gerade für solche Perioden von ganz besonderem Interesse, da man verfolgen kann, in welchem Ausmaß die veränderte politische Ideologie Einfluss auf die Stückauswahl ausübte.

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