Norma- und Schließtage
Das Ziel der Bestandsanalyse bestand darin, detaillierte Lückenprotokolle zu erstellen, somit fehlende Theaterzettel auszumachen. Dabei galt es aber zu berücksichtigen, dass nicht alle Tage ohne vorhandenem Zettel tatsächlich als Lücken zu werten sind. Es gab nämlich so genannte „Norma“- und Schließtage, an denen an den Wiener Theatern nicht gespielt wurde.
Kaiserin Maria Theresia erließ im Jahr 1752 das sogenannte „Norma-Edikt“, das jene Tage festlegte, an denen keine Theatervorstellungen stattfinden durften. Dazu gehörte u.a. die Adventszeit, die gesamte Fastenzeit, Christi Himmelfahrt, die Marienfeiertage, Fronleichnam, Allerheiligen, Allerseelen, Heilige Drei Könige, einige Tage zu Weihnachten, Ostern und Pfingsten, sowie Geburts- und Namenstage von Angehörigen des Kaiserhauses.
Zusätzlich blieben die Theater im Sommer oft zwei bis drei Monate geschlossen. Gelegentlich fanden aber auch während dieser Schließzeit Gastspiele von anderen Theatern statt.
Auch historische Ereignisse wie die französische Besatzung (Mai bis November 1809) oder die Revolution von 1848 hatten Einfluss auf die Öffnungszeiten der Wiener Theater. In den Jahren 1790 und 1792, den Todesjahren von Kaiser Josef II. und Kaiser Leopold II. wurden mehrwöchige Trauerzeiten ausgerufen, die mit Aufführungsverboten verbunden waren.
Im 19. Jahrhundert, dem Schwerpunkt unserer Bestandsanalyse, gab es aufgrund von Kaiser Josef II. verfügten Lockerungen bereits beträchtlich weniger Norma-Tage. Die Theater blieben nur noch am Aschermittwoch, in der Karwoche von Palmsonntag bis Ostersonntag, am Pfingstsonntag, zu Fronleichnam, an Mariä Verkündigung, Mariä Geburt, Leopoldi und an den Weihnachtsschließtagen von 22. bis 25. Dezember geschlossen.
In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts galten dann gar nur noch die Tage zu Ostern (Karfreitag, Karsamstag, Ostersonntag), Fronleichnam sowie der 24. Dezember als verpflichtende Norma-Tage.